Hemsdorfer
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inklassige Volksschule Hemsdorf 1914
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Von diesem genannten Kriegern sollte einer bis zum heutigen Tage nicht wiederkehren. Durch einen
hinterhältigen Franktireursschuss [Partisanen] wurde Hermann Schwitzer am 23. August noch in
Belgien bei Vilbepomerelle? getötet. Er liegt hier in meinen großen Garten unter einem Birnbaum
begraben.
Ein anderer wurde seit Mitte August vermisst. Es war Arnold Behrens. Werden wir ihn nun
wiedersehen? "Eiserne Kreuze" erhielten bis heute. Rittmeister Johann Raecke, Feldw. Wilhelm
Behrends, Offz. Stellv. [Offizier-Stellvertreter] Fritz Behrends.
Aber auch bei den Daheimgebliebenen machte sich der Krieg bald bitterlich bemerkbar. Zuerst etwa
Ende Januar wurden das Getreide mit Beschlag belegt. Hemsdorf mußte z.B. 200 Ztr. [Zentner]
Hafer liefern. Diese 200 Ztr. wurden auf die einzelnen Landwirte verteilt. ~
Nun mußte aber auch mit allen gespart werden, insbesondere? mit dem “Brot”. Zum Zwecke der besseren
und gerechteren Verteilung dieser lieben Gottesgabe wurden, “Brotmarken” eingeführt. (Ich werde nach
Beendigung des Krieges einige einkleben) Es war für 1 Kasten - 3 Pfund Brot, für 1 Kind unter 6
Jahren 1½ Pfund für die Woche vorgesehen. Das Brot war aber aus Roggenmehl und 30%
Kartoffelflocken oder -mehl gebacken. Im Anfang war es zuerst ungenießbar. - Komißbrot schmeckte
mir besser. An Kuchen war nicht mehr zu denken.
Weizenmehl wurde mit Roggenmehl oder mit Kartoffelstärke vermengt. Die Preise der
schweren Zeit sind nach dem Hauptbedarfsartilel folgende:
1 Ztr. Weizen
13,40 Mark
1 Ztr. Roggen
11,40 Mark
1 Ztr. Hafer
18,00 Mark
1 Ztr. Gerstenstroh
25,00 Mark
1 Brot (3 Pfund)
0,56 Mark
1 L Petroleum
0,25 - 0,40 Mark.
Petroleum war im Winter sehr knapp es mussten wieder Leute zu Kerzen greifen. Hiervon
kostete das Stück aber auch (0,20-0,40 Mark) früher 0,10 - 0,15 Mark.
Die Hauptnot hatten die Landwirte mit den Futtern ihrer Viecher.
Futtermittel waren: Zuckermelasse, Schnitzel, Ölkuchen.
Die Siege wurden bei uns durch Flaggenschmuck gefeiert, von 10 Uhr ab war Schulschluss.
Konformiert wurden Ostern 1915 4 Mädchen und 2 Knaben.
Es waren Anna Schwitzer, Else Werner, Lucie Ehrecke, Berta Thormeyer, -
Hermann Meyenberg, Karl Ruloff.
Neu aufgenommen wurden 2 Knaben und 2 Mädchen, sodaß die
Schülerzahl jetzt beträgt:
17 Mädchen und
16 Knaben
33 Schüler
Zu den schon im Felde stehenden Kriegern traten nach einer Landsturmmusterung im
Mai noch folgende hinzu:
27.
Otto Memel
Arbeiter
28.
Gustav Strumpf
Landwirt
29.
Moritz Schoof
Gastwirt
30.
Otto Thormeyer
Arbeiter
Am 29. September traf uns die traurige Nachricht, daß der Landwehrmann Karl Ruloff,
Familienvater von vier Kindern seinen Wunden in einem süddeutschen Lazarett erlegen
sei. Die Gedächtnisfeier für ihn fand Erntedankfest d. 3. Oktober [1915] statt.
Quelle: Verlustliste 1.WK
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Laut Verfügung suchten wir zur Zeit der Ernte Ähren. Wir hatten 1,65 Ztr. reinen Weizen
gesammelt. d. ? 21,40 Mk. Hierfür sandten wir unseren Kriegern Liebesgaben. Die Dankkarten
liegen in der Chronik.
Zu Erntedankfest fand auch wieder eine Sammlung von Geld und Naturalien für unser
Kriegslazarett Wolmirstedt statt. An Geld kam 200,00 M zusammen.
Nun möchte ich dem Leser einen Blick in das Schulleben tun lassen.
Auch hier erkannte man die Wirkung und den Einfluß des Krieges. Da ich für Coll. Hamel und
Rautmann in Gr. Rodensleben 8 Stunden Halten mußte, so gestaltete sich mein Stundenplan im
Sommer folgendermaßen:
So wie sich nun der Stundenplan geändert hatte, so zeigte auch der Lehrplan ein
anderes Gesicht.
D. h. der Krieg, das Wohl + Weh unserer braven Feldgrünen stand im Mittelpunkt.
Unsere Kinder mußten zum „Sparen“ erzogen werden. Es hieß:
Der ganze Unterricht war Krieg.
Wie oft mußte man sich das Frühstück nachsehen, um die Kinder mit zu großem
Brot zu beschämen. - In der Naturgeschichte wurden sie mit „wilden
Gemüsepflanzen“ bekann gemacht. Wir kochten uns in der Schule einen ff.
Löwenzahnspinat. -
In den Rechenstunden stellte man Kriegsaufgaben. -
In der Religionsstunde lernte und lehrte man Beten fürs Vaterland. -
Selbstverständlich wurde der Lehrstoff nicht geschafft, er mußte
eingeschrumpft werden. Die nicht behandelten Stoffe sind im
Lehrplan mit X bezeichnet. -
Quelle: Volkstimme 1915
Nun darf mein Nachfolger und jeder andere Lehrer aber nicht annehmen, daß die
Anforderungen ans Ganze (Lehrer und Schüler) hereabgeminder war. Da hätte man sich geirrt;
wenn man ruhig doppelte Arbeit hatte, so konnte man bis zur Verzweiflung ( wenn auch ohne
Licht, an dem es doch überall fehlte) arbeiten. -
Otto Memel
1.WK*
Otto Thormeyer
1.WK*
Am Montag d. 27. September [1915]
wurde die Schule von 7-9 von Herrn Kreisschulinspektor Beinhorn in Religion +
Geschichte revidiert.
„Junger Coll., der